Betäubungsmittelstrafrecht - BtMG -
© RA Mathias Noll 2018
§ 29 BtMG Vergehen
Nach § 29 BtMG wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe u. a. bestraft,
wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu
treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in
sonstiger Weise verschafft oder Betäubungsmittel besitzt,
ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein.
In den meisten Fällen ist bereits der Versuch strafbar.
In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein
besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder
durch den Anbau, die Herstellung, den Handel, sonstiges Inverkehrbringen, Erwerb, Verschaffen
oder durch den Besitz die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
Handelt der Täter in den oben benannten Fällen fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu
einem Jahr oder Geldstrafe.
Gemäß § 31a BtMG kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld
des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht
und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut,
herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. Von
der Verfolgung soll abgesehen werden, wenn der Täter in einem Drogenkonsumraum
Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge besitzt.
Eine solche geringe Menge ist nach der am 17. August 2006 veröffentlichten Richtlinie in
Brandenburg bei einer Cannabismenge bis zu 6 Gramm anzunehmen. Bis dahin lag die
Obergrenze - unscharf - bei „drei Konsumeinheiten“.
Die Berliner Richtlinie ist hier liberaler. Handelt es sich um Mengen von bis zu 10 Gramm
Haschisch oder Marihuana, ist das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Berlin
einzustellen, wenn keine Gefährdung anderer vorliegt. Bei einem Besitz von mehr als 10 Gramm,
aber nicht mehr als 15 Gramm Haschisch oder Marihuana kann die Staatsanwaltschaft Berlin
das Verfahren gleichfalls noch einstellen.
Anders als in Berlin Brandenburg kann in Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und
Schleswig-Holstein bei einem Besitz von 1 g Heroin und 1 g Kokain (Bremen 2 g, Schleswig-
Holstein 3 g) gleichfalls eine Einstellung erfolgen.
Bei Amphetamin sieht Hessen bei bis zu 2,5 g und Schleswig-Holstein bei bis zu 3 g immer
noch die Möglichkeit einer Einstellung vor.
In Bremen soll bei 3 Tabletten Ecstasy, in Hamburg bei nicht mehr als 10 und in Hessen bei
weniger als 20 Tabletten Ecstasy eine Einstellung des Verfahrens erfolgen.
Das Gericht kann - außer im besonders schweren Fall - von einer Bestrafung,absehen, wenn
der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut,
herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
Gemeint sind hier die Fälle, bei denen die Grenzen des sog. Eigenverbrauch (s.o.) überschritten
wurden.
Ungeachtet dessen wird bestraft, wer (andere) Stoffe unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen
Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den
Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, die zwar nicht Betäubungsmittel
sind, aber als solche ausgegeben werden. Dasselbe gilt für Zubereitungen.
§ 29a BtMG Verbrechen
Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr (bis zu 15 Jahren!) wird bestraft, wer als Person über
21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen
§ 13 StGB verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt
oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG erlangt zu haben.
Eine nicht geringe Menge bei Cannabis liegt bereits ab 7,5 g des Wirkstoffes
Tetrahydrocannabinol (THC) vor.
Nach dem Urteil des BGH vom 20.12.2012 – 3 StR 407/12 ist bei bei einem auf spätere
Veräußerung zielenden Anbau von Cannabispflanzen für die Abgrenzung des Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) die Menge an dem Wirkstoff THC
maßgeblich, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und
gewinnbringend veräußert werden soll. Das heißt, es ist nicht entscheidend, in welchem
Aufzuchtstadium sich die Pflanzen zum Zeitpunkt der Entdeckung befinden, sondern es erfolgt
eine Hochrechnung, bezogen auf den Zeitpunkt der beabsichtigten späteren Ernte. Der BGH
bleibt auch bei seiner Linie, dass Handeltreiben in Vollendung bereits bei Beginn der Aufzucht
vorliegt. Weder müssen schon Absatzbemühungen vorgenommen oder gar Käufer gesucht
worden sein.
Nachdem der BGH mit zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2001 ursprünglich die Grenze bei 30
g Metamfetaminbase oder 35 g Metamfetaminhydrochlorid gezogen hatte, liegt der Grenzwert
für die nicht geringe Menge Metamfetamin nunmehr bei 6,2 g Metamfetaminhydrochlorid und 5
g Metamfetaminbase. Angesichts der neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse über das hohe
Suchtpotential des Metamfetamins und die gesundheitlichen Konsequenzen aus dessen
missbräuchlichem Konsum hat der BGH mit Urteil vom 03.12.2008 - 2 StR 86/08 eine erhebliche
Herabsetzung des Grenzwertes vorgenommen.
§ 35 BtMG Zurückstellung der Strafvollstreckung sog. “Therapie statt Strafe”
Die Norm hat eine zentrale Bedeutung, wenn der Täter betäubungsmittelabhängig war oder ist.
Dabei kann auch dahinstehen, ob ein Fall des § 29 BtMG oder des § 29a BtMG vorliegt.
Entscheidend ist die Strafe bzw. Strafrest sowie die Bereitschaft und Möglichkeit einer
Drogentherapie.
Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren
verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, dass er die Tat auf
Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde
mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines
Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei
Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner
Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen,
und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich
anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten
Abhängigkeit entgegenzuwirken.
Dies gilt auch, wenn auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei
Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der
Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt.